Planung – Weniger ist manchmal mehr

Wenn es zur Vorbereitung von Reisen kommt, sind wir Schweizer sehr bekannt dafür, alles hundert Mal durchzudenken und Tausend Notfallpläne zu haben. Das dies auf Reisen nicht immer nur von Vorteil ist, konnte ich jetzt am eigenen Leib erleben.

Während meine Etappenziele in Indonesien noch sehr spontan gewählt wurden und ich mich eigentlich nur „treiben“ liess (auch einmal 10 Tage oder mehr an einem Ort verweilte), musste ich dieses Prozedere jetzt hier in Japan gezwungenermassen abändern. Zum einen sind es sich die japanischen Hostels nicht wirklich gewohnt sogenannte „walk-in guests“ aufzunehmen und es kann daher auch dementsprechend unhöflich sein, wenn man sie so überrumpelt. Daher musste ich nun jeweils ein bis zwei Wochen vor meiner jeweiligen Ankunft schon die Reservierungen tätigen, damit ich nicht „irgendwo“ schlafen muss und auch einen angenehmen Aufenthalt in den jeweiligen Orten habe. Gleichzeitig muss man teilweise auch schon die Transportmittel im Vornherein buchen oder reservieren (vorallem für längere Strecken und vor allem wenn man statt mit Zügen mit den um einiges günstigeren Bussen von A nach B kommen möchte). Während nun in Indonesien null Druck da war, wann ich weitergehen musste und ich dementsprechend auch lockerer an die jeweiligen Tage herangehen konnte, wirkt hier jeder Tag und jeder Aufenthalt immer so kurz und meine Zeit in der jeweiligen Stadt so begrenzt. Man fängt an sich selber unter Druck zu setzen, wenn man nicht jeden Tag etwas unternimmt und die paar Tage, die man in einer Stadt hat, voll auszukosten. Dabei weiss ich selber auch, dass es absolut auch dazu gehören muss, manchmal ein paar Tage nichts zu machen und sich selber ein wenig Ruhe zu gönnen.

Nun als kleiner Einschub: Ich denke die meisten werden sich jetzt wohl denken, „Ach was der hat doch jetzt seit mehr als 3 Monaten Ferien und beschwert sich jetzt drüber, dass Reisen stressig ist?“ Nun nein, natürlich beschwere ich mich null, ich bin wie ich schon oft erwähnt habe sehr dankbar für diese Erfahrungen, die ich machen darf. ABER, Reisen darf auf keinen Fall mit Ferien gleichgesetzt werden. Man ist fast jeden Tag irgendwie auf Achse, muss sich alle paar Tage in einer neuen Umgebung zurechtfinden, schläft eigentlich fast nie allein in einem Zimmer und versucht trotzdem irgendwie immer das Beste aus jeder Erfahrung zu machen, weil man ja weiss was für ein Privileg man hat…. Über die lange Zeit baut sich ein unglaublicher Druck auf nichts zu verpassen. (Vielleicht bin ich da aber auch allein 😀 )

Ein weiterer Punkt der das Reisen in Japan zurzeit sicherlich stark beeinflusst, ist dass wir uns den Festtagen nähern und es allgemein bekannt ist, dass um das Neujahr in Japan gar nichts mehr geht. Die Leute aus der Stadt gehen zu ihren Verwandten auf dem Land und feiern dort ins neue Jahr hinein. In Japan sind diese festen Ferientage berühmt berüchtigt. Die Japaner sind normalerweise eher bekannt dafür, dass sie mehr arbeiten als es von Nöten ist und auch mehr oder weniger nur dann Ferien beziehen wenn es der Chef tut und auch dann eigentlich nicht wirklich. Das hat dann aber zur Folge, dass die national angesehenen Ferientage auch wirklich meistens gern genutzt werden, da man dann ohne (allzugrosses 😀 ) schlechtes Gewissen auch einmal Ferien nehmen kann. Für einen Reisenden wie mich hat das zur Folge, dass jeweilige Schritte noch früher geplant werden müssen, in meinem Fall jetzt schon einen Monat davor. Einerseits ist es jetzt für mich cool zu wissen, wo es mich noch überall hinführen wird, gleichzeitig graut mir auch ein wenig von dem Stress den ich mir zutun werde. Ich habe jetzt jeweils eher kurze Aufenthalte und zwischendurch auch längere Aufenthalte eingeplant. Natürlich hätte ich auch einfach überall längere Aufenthalt einplanen können, doch ich finde es einfach unmöglich nur mit Online Recherche herauszufinden, welche Ortschaften sich auch für einen längeren Aufenthalt lohnen. Als kleines Beispiel: Ich verbringe zurzeit gerade 5 Tage in Osaka (eine der grössten Städte Japans) und merke wie lustlos ich gerade bin, diese Stadt zu erkunden. Die letzten Wochen waren zu hektisch, als das ich mich wirklich wieder darauf einstellen kann einen neuen Ort zu erkunden. Ausserdem ist mir Osaka in vielen Belangen einfach zu chaotisch. So kam es, dass ich die letzten Tage mehrheitlich in Kaffees, Restaurants (geiles Kobe Beef in Kobe inbegriffen 😀 ) oder im Kino verbracht habe. Ich erhoffe mir dadurch auch wieder mehr Energie für die folgende Woche zu erlangen, wo ich einige Kurzaufenthalte in ländlicheren Regionen mit langen und komplizierten Transportwegen dazwischen habe, bevor ich wieder in eine grössere Stadt weitergehe.

Hää? 😀

Nun, was ich eigentlich mit diesem Bericht an dich weitergeben möchte, ist egal wie du deine Reise angehst, versuche wenn möglich immer möglichst ohne grosse Planung voranzukommen. Man erlebt einfach am meisten und hat die grössten Abenteuer erst dann wenn man nicht mehr alles durchgeplant hat. Nicht das meine Zeit hier in Japan so schrecklich wäre, ganz im Gegenteil ich bin so überglücklich so tiefen Einblick in das Land meiner Wurzeln zu bekommen und ich bin jeden Tag wieder aufs neue begeistert von der wunderbaren Kultur, den grossartigen netten Menschen und der unglaublichen Diversität an richtig geilem Essen. Manchmal denke ich mir einfach wie viel mehr ich aus dieser Erfahrung herausholen könnte wenn ich mir nicht selber einen solchen Druck aufbauen würde.

 

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